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Gestalt und Bewegung.

Es dürfte für den aufmerksamen Leser offensichtlich sein, dass es sich bei diesen hier aufgeführten Gedanken einzig  um Anregungen zu einer vertieften Betrachtung handeln kann.

Farbe und Form , Gestalt und Bewegung sind hier die Ausgangspunkte der Auseinandersetzung.

Das Auge ist beim Maler das vermittelnde Sinnesorgan. Es selbst nimmt nicht wahr, sondern seine Funktion ist diejenige eines Werkzeuges. Dasjenige was wahrnimmt ist die Instanz unserer

eigenen Wesenheit, welche das Vermittelte , unbestimmte Wahrnehmliche erst strukturiert. Es ist

dies die formgebende Substanz selbst , unser Ich.

Ein helles Grün, welches wir mit dem Pinsel zu Papier bringen ist in seinen quantitativen Bezügen

durch die Begrenzung bestimmt. Die Form finden wir jedoch nirgends in dem Wahrgenommenen, sondern einzig in unserem formbildenden Mitvollzug. Wir können dieses

Experiment an jedem vor uns liegenden Farbklecks ausführen oder auch an einer vor uns liegenden gelben Kugel , indem wir zu erkennen versuchen, was ist Farbe und was ist Form  ? Wenn wir konsequent verfahren, so werden wir nirgends in der Wahrnehmung die Form

finden , denn sobald sich ein bestimmter Farbton der Sinneswahrnehmung öffnet, ist dieser

durch seine Begrenzung bestimmt . Diese Begrenzung  ist das Ergebnis eines Zusammenhangs,

welcher sich durch die Strukturierung  ergibt. Diese ist das Ergebnis unseres aktiven Mitvollzugs.

Zur Verdeutlichung malen wir mit dem Pinsel zwei gleich grosse Flächen auf die vor uns aufge-

stellte Leinwand. Ein Zinnoberrot auf der einen , ein Preussischblau auf der anderen Seite. Beide 

sind  in ihrer quantitativen Ausdehnung gleich. Trotzdem erleben wir das Rot etwas grösser als

das  Blau. Dieses innerlich Beobachtete führt uns vorerst auf das Feld der Subjektivität. Dieses

bestimmte Rot , dieses bestimmte Blau zeigen sich im inneren Erlebnis als ein jeweiliger Aus-

schnitt, als exemplarisches Beispiel der gesamten Rot- oder Blaupalette. Die Übergänge sind

dabei fliessend und trotzdem erleben wir ,wann eine bestimmter Farbton seinen Bereich

verlässt und deshalb nicht mehr als Rot bezeichnet werden kann. Die Unterscheidung ist also

durch die Form bestimmt.

Gestalt und Bewegung haben ihren gemeinsamen Ursprung. Sie sind Grundelemente des 

Bildaufbaues. Der Bewusstmachung jeder Gestalt vorausgehenden Bewegungsintention gehört unsere primäre  Aufmerksamkeit. Mit dem Erleben des dynamischen Aspektes der Farbe erfahren wir , dass jede Gestalt das Ergebnis eines Bewegungsvorganges ist. 

Die Farbbewegung ist also nicht das Ergebnis eines von uns abgekoppelten, vom Ich getrennten Geschehens , sondern wir erkennen uns  als Mitbeteiligte .  Im Prozess des Malens , im Verfolgen

des Bildaufbaues wird dieses Geschehen  in das Licht des Bewusstseins gehoben.

 

                                                                                                              Peter Dotto ( im März 2020 )

Quellenhinweise:

 - Herbert Witzenmann: "  (1989 )  "Sinn und Sein "

-  Rudolf  Steiner.  ( GA291 " Das Wesen der Farben"

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